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23.10.2021

„Wie ein Gewitter gegen den Wind“ – Schriftsteller Markus Herrmann stellte seinen Roman über Sören Kierkegaard vor.

Vielleicht war er die ungewöhnlichste Persönlichkeit unter den Philosophen: der dänische Denker Sören Kierkegaard. Er war ein Eigenbrödler, der zuweilen auch schon mal mit scharfer Zunge sprach und mit spitzer Feder schrieb.

Durch sein mitunter linkisches Auftreten wurde er einerseits zum Gespött der Leute, andere schätzten schon zu seinen Lebzeiten seine tiefen Gedanken. Und bis heute wirken diese Gedanken fort – in der Philosophie, der Theologie und der humanistischen Psychologie. Kierkegaards Philosophie ist mehr als wohl jede andere von persönlicher Biographie geprägt. Sein steter innerer Kampf, Dichter zu sein oder andererseits ganz banal Geld zu verdienen, dabei aber nicht mehr in die Tiefen des Denkens hinunterzusteigen und sich den existentiellen Fragen des Lebens zu widmen, schlug sich nieder in seinen Werken, in denen es wesentlich um die Frage nach dem „Entweder-oder“ ging (so auch der Titel eines seiner bekanntesten Werke). Darüber hinaus sah Kierkegaard aber die Lösung der meisten innerpsychischen Konflikte  im vertrauensvollen Glauben an Gott, den auch sehr persönlich praktizierte – und dabei recht scharf mit der verbürgerlichten Kirche seiner Zeit ins Gericht ging. Durch sein an der persönlichen Erfahrung ausgerichtetes Denken wurde auch in künftigen Generationen das Thema Existenz zum Thema einer Geisteshaltung, die sich Existenzphilosophie nennt und deren geistiger Vater Sören Kierkegaard ist.

Der Ingolstädter Schriftsteller Markus Herrmann hat sich nun in einem Roman mit dem Titel „Wie ein Gewitter gegen den Wind“ diesem Sören Kierkegaard gewidmet. Am 21. Oktober stellte er sein Buch im Haus der Stadtkirche in Ingolstadt auf Einladung der Katholischen Erwachsenenbildung vor. Herrmann hat, wie auch in seinen früheren Romanen, Historisches mit Fiktivem vermischt und auf diese Weise sehr anschaulich – trotz der dichterischen Freiheit – den wahren Kierkegaard, seine Persönlichkeit, seine Visionen, aber auch seine inneren Konflikte, aufleuchten lassen. Er erzählt ganz unterschiedliche Episoden aus dem Leben des dänischen Denkers, die er dessen Sekretär Israel Levin in den Mund legt. In der Buchvorstellung ging es unter anderem um Kierkegaards Auseinandersetzung mit einer Zeitungsredaktion, die boshafte Korrekturen über ihn in Umlauf gebracht hat, dann aber auch um den Einsatz für eine junge Frau, die nach einer Affäre mit ihrem Professor schwanger wurde und nun vom Vater verachtet wurde. Kierkegaard versucht zu vermitteln und zeigt sich hier nicht nur als Fürsprecher einer jungen Frau, der großes Unrecht zugefügt wird, sondern auch als Anwalt für das ungeborene Leben an sich. Schließlich las Hermann auch die Szene vor, in der Kierkegaard gemeinsam mit einem Jesuitenpater die preußische Königin besucht. Zu dieser Audienz wurde der evangelische Philosoph eingeladen, weil er sich mit Fragen der Ökumene auseinandersetzt und dazu bei den Berliner Jesuiten einen Vortrag gehalten hat.

Alle diese kurzen Szenen waren jedoch nur Streiflichter aus einem umfangreichen Buch, bei dessen Lektüre es nie langweilig wird.

Dass Kierkegards Gedanken durchaus Bedeutung für die Kirche heute haben, ja, sogar aus der Kirchenkrise heraushelfen könnten, wurde in der folgenden Diskussion deutlich. Kierkegaard hatte die Vision von einer Kirche, die ganz ehrlich und demütig ihren Glauben an Christus lebt und zutiefst auf Gott vertraut. Der Philosoph sprach viel vom Glauben als einem „existentiellen Sprung“, als Wagnis, über Abgründe zu springen oder sich in Gottes Arme zu werfen – auf jeden Fall, Mut zu haben, weil Gott uns nicht im Stich lässt. Und dieses Vertrauen auf Gott ist auch für heute wirkliche Lebenshilfe und so kann der Glauben zu einem Schatz werden, in den es sich wirklich lohnt zu inverstieren.

Text und Bild: © Raymund Fobes

Markus Herrmann im Interview zu seinem neuen Buch (Das Interview führte Raymund Fobes)