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10.10.2019

Neugierde, Freiheit und Vertrauen - Mira Ungewitters Roadtrip mit Gott

Es war ein Urlaub, den sie nie vergessen hat: Mit Sack und Pack fuhr die Familie nach Spanien, und Mira Ungewitter, damals noch ein kleines Mädchen, machte zwischen Märchen- und Bibel-Cassetten auf dem Walkman bleibende Gotteserfahrungen.

Schon bei der Abfahrt in Köln stieß die Oma heftig mit der Heckklappe des Autos zusammen – und wertete das als Strafe Gottes dafür, dass sie sich nach 25 Jahren den ersten Urlaub gönnte. Überhaupt hatte sie das Bild von einem sehr strengen und strafenden Gott – als gläubige Baptistin, die in Ostpreußen aufgewachsen war. Auch die Mutter war gläubige Baptistin, glaubte aber mehr an Gottes Güte als an seine Strenge. Der Vater indessen war (damals noch) Agnostiker.

Die Autofahrt nach Spanien war lang. Mira vertrieb sich die Zeit mit dem Walkman und lauschte dem Märchen von Schneewittchen und dem Gleichnis Jesu vom Guten Hirten. Letzteres hinterließ in ihr einen bleibenden Eindruck. Der Gott, der die Menschen sucht – und die Neugierde der Schafe, die für die Menschen stehen, hatten es ihr angetan. Und ihr wurde bewusst: Wir werden von Gott gerettet.

Heute ist Mira Ungewitter baptistische Pastorin in Wien. Am 8. Oktober sprach die begeisterte Surferin, die oft mit einem VW-Bus durch Europa tourt, auf Einladung des Evangelischen Forums und der Katholischen Erwachsenenbildung im Evangelischen Gemeindehaus in der Ingolstädter Innenstadt über ihren Roadtrip mit Gott. Ihre Botschaft: Dank dem Glauben an Gott können wir uns etwas zutrauen. Dieser Glauben beginnt mit Neugierde und ermöglicht Freiheit – und er gerät in eine Schieflage, wenn etwas von beidem fehlt. Auch wenn Gott am Ende alles zum Guten wendet, so ist es doch nicht so, dass wir selbst nichts leisten können. Im Gegenteil: Als Christ kann man vieles allein zuwege bringen, aber man muss es nicht.

Auch damit hat Mira Ungewitter ihre Erfahrungen gemacht: Als Schülerin strahlte sie nicht gerade als Klassenbeste – sondern schaffte oftmals nur mit Ach und Krach das Klassenziel. Doch machte sie in der Musikstunde auf dem vom katholischen Erzbistum getragenen Ursulinengymnasium in Köln eine unvergessliche Gotteserfahrung: Als der Musiklehrer die Hefte der Schülerinnen bewerten wollte, fürchtete Schülerin Ungewitter ein schweres Donnerwetter, war ihre Heftführung doch katastrophal. Sie betete innig zu Gott, und ihr Gebet wurde wunderbar erhört: Der Musiklehrer vergaß, ihren Namen aufzurufen.

Nach Schulzeit und Abitur machte sie eine Ausbildung als Event-Managerin und war auch zweimal in Lateinamerika: einmal in Honduras, wo die Erfahrung mit moralisch strengen Christen bei ihr eine Glaubenskrise auslöste, und dann in Lateinamerika, wo sie in den Favelas mitarbeitete und auch so manche Grenzsituation erlebte – wie die Sorge um das Leben eines Jungen, der sich schwerste Verbrennungen zugezogen hatte. Dort habe sie Unerschrockenheit gelernt, sagte sie rückblickend bei ihrem Vortrag.

Schließlich entschied sich Mira Ungewitter zum Theologiestudium. Erst an der Evangelisch-theologischen Fakultät in Bonn, wo sie, vor allem auch zum Bibelstudium, Griechisch und Hebräisch pauken musste. Dafür ist sie heute dankbar, da das Lesen der Heiligen Schrift im O-Ton oft ganz neue Einblicke gibt. Danach studierte sie im Ausbildungszentrum der Baptisten in Elstal bei Berlin.

Als Pastorin in Wien geht sie eigene Wege, hilft beispielsweise tatkräftig mit bei Wohnungsumzügen und macht dort Gotteserfahrungen durch die Solidarität von Menschen ganz unterschiedlicher Kulturen.

Wie man heute Menschen für Gott begeistern kann, wurde sie nach dem Vortrag gefragt. „Durch gemeinsames Essen“, schlug Mira Ungewitter vor, zum Beispiel, indem man Arbeitskollegen einfach einmal einlädt und dann mit ihnen ins Gespräch kommt.

Überhaupt zeigt der Lebensweg der jungen Pastorin, dass es oft die kleinen Dinge sind, die uns und wohl auch andere im Glauben weiterbringen. Und Geselligkeit, Offenheit für Neues sowie die Tugend des „Gönnen könnens“ gehören für Mira Ungewitter – die als waschechte Rheinländerin trotz ihrer neuen Heimat Österreich immer noch von dem Kölner Kultbier, dem "Kölsch", schwärmt – ebenso dazu.

Text und Bilder: © Raymund Fobes